24 Stunden Kartoffeln kaufen

    

 In der Gärtnerstadt gibt es die tolle Knolle jetzt aus dem Automaten. Und nicht nur die  

Von Katharina Gaugenrieder    

                                                    

             

 Daniel Bucher hat gemeinsam mit seiner Schwester Carolin die Eltern überzeugt, den Kartoffelautomaten in Gundelfingen zu installieren. Der angehende Mechatroniker betreut die Anlage auch technisch.                 

Gundelfingen Samstagabend, 20.30 Uhr. Zeit, den Kartoffelsalat für das Grillfest morgen vorzubereiten. Und dann die Feststellung: die Knollen standen zwar auf dem Einkaufszettel. Nach Hause gebracht hat man aber keine. Das Ende vom Lied: die Gäste müssen diesmal ohne Kartoffelsalat auskommen. Doch seit zwei Wochen gibt es für solche Situationen in Gundelfingen eine Lösung. Denn hier hat die Familie Bucher nun gleich neben ihrem Haus in der Riedhauser Straße einen Kartoffelautomaten installiert. Dort können sich Kunden nun an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden lang mit der tollen Knolle eindecken. 

                                      

Die Idee dazu hatten die 18-jährigen Zwillingsgeschwister Daniel und Carolin. „So was brauchen wir“, haben sie den Eltern Georg und Christine Bucher nach einer Recherche im Internet erklärt. Die waren anfangs noch skeptisch, machten sich dann mit den beiden aber doch auf den Weg zur Direktvermarktermesse, wo sie sich das System erklären ließen. „Dann war die Entscheidung eigentlich gefallen“, sagt Christine Bucher. Bisher hat sie ihre Kartoffeln immer freitags zwischen 8 und 18 Uhr im Hofladen persönlich an den Mann gebracht. Das soll übrigens auch in Zukunft so bleiben. Doch immer wieder standen auch an anderen Tagen Kunden vor der Tür. Manchmal klingelte es sogar am Sonntag, wenn bei einem Kunden der akute Kartoffelnotstand ausgebrochen war. „Und weil wir viel hinten in der Halle oder auf dem Feld sind, ist eben auch oft niemand da gewesen. Da musste man immer wegspringen“, sagt Christine Bucher.

Besonders die jüngere Generation, hat sie festgestellt, möchte gerne flexible Zeiten zum Einkaufen. „So, wie man im Internet auch 24 Stunden bestellen kann.“ Wichtig sei den Kunden aber auch immer mehr die regionale Herkunft ihrer Nahrungsmittel. Doch nicht nur die jungen Leute haben das neue Angebot in der Gärtnerstadt, das bisher verstärkt nach 18 Uhr frequentiert wird, interessiert angenommen. „Unser allererster Kunde war ein Mann um die 80“, erzählt Georg Bucher. Und nachdem Conny Deisler am Samstag auf dem Hofball vom Kartoffelautomaten erzählte, habe es am Sonntag einen richtigen Run gegeben. „Da sind dann Opas mit ihren Enkeln vorbeispaziert und die durften dann den Automaten bedienen“, freut sich Georg Bucher.

Und das sei auch überhaupt kein Problem. Denn die Bedienung ist kinderleicht und ähnelt der bei den Süßigkeitenautomaten am Bahnhof. Zuerst muss der Kunde wählen, was er denn überhaupt haben möchte. Zur Auswahl stehen dabei nicht nur mehlige, festkochende oder vorwiegend festkochende Kartoffeln, sondern auch Eier oder Öl aus der Region. Im Sommer sollen vielleicht noch Gurken dazukommen. Salat ist allerdings nicht geplant. „Dafür müsste der Automat gekühlt sein.“ Ist die Auswahl getroffen, wird erst gezahlt – wahlweise mit Münzen oder Scheinen – und dann auf einem Nummernfeld die Nummer des Fachs eingegeben, hinter der das gewünschte Kartoffelsäckchen lagert. Mit einem leisen Klick öffnet sich dann die Tür. Das Wechselgeld gibt es anschließend zurück. Der Preis für die Erdäpfel ist übrigens gleich geblieben. Auch wenn die Buchers mehrere Tausend Euro in die Technik investiert haben. „Aber das muss man auf Jahre gesehen rechnen“, sagen die beiden.  


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Nach dem Hagel dauert die Ernte länger als sonst


Georg Bucher führt in Gundelfingen in zweiter Generation einen Gartenbaubetrieb. Wie sein Tag aussieht und warum er keinen Eissalat mehr anbauen will. Von Katharina Indrich


 




Georg Bucher führt in Gundelfingen einen Gartenbaubetrieb. In den ist nun auch sein Sohn Daniel eingestiegen. Gemeinsam ernten sie hier Weißkohl.Foto: Indrich

Ein paar Minuten nach 15 Uhr hat es angefangen, über Gundelfingen zu regnen. Der Sommer hat sich für kurze Zeit verabschiedet. Wer kann, bleibt heute drinnen. Georg Bucher kann nicht. „Ein Gärtner kennt kein Regenwetter“, sagt er. Die Verbraucher wollen ihr Gemüse im Laden haben. Ganz egal ob Regen oder Sonnenschein. Ob es stürmt oder der Regen das Feld in Matsch verwandelt.

Und so steht der 48-Jährige zusammen mit seinem Sohn Daniel und einigen rumänischen Saisonarbeitern auf dem Feld und erntet Weißkraut. Mit gekonntem Blick pflückt er sich die Köpfe, die die richtige Größe haben, heraus, trennt dann mit schnellen Schnitten die Außenblätter ab. Das dauert in diesen Tagen länger als sonst. Der Hagel vor einigen Tagen hat auch dem Weißkraut zugesetzt. Georg Bucher zeigt auf die Löcher, die manche Blätter haben. Einiges, was hier auf dem Feld neben der B16 wächst, ist nicht mehr vermarktbar. „Das wird verfaulen“, sagt Bucher. Die Weißkohlernte dauert heute länger als sonst. Eben weil sie so viel wegschneiden müssen, bewegt sich das Gespann mit dem Band, auf das die Köpfe wandern, wesentlich gemächlicher als sonst. „Kann schon sein, dass der Opa bei diesem Tempo mal im Traktor einschläft“, scherzt Bucher und meint damit seinen Vater, der mit 80 Jahren noch vorn im Bulldog sitzt und mithilft.


Die Gärtnerei der Buchers, sie war und ist immer noch ein Familienbetrieb. So wie die meisten Betriebe in der Gärtnerstadt Gundelfingen. Und sie wird es auch bleiben. Im Februar ist Sohn Daniel nach Abschluss seiner Gärtnerlehre in den Betrieb mit eingestiegen und die Zukunft damit gesichert. Für Georg Bucher ist das eine Erleichterung. Nicht nur in der täglichen Arbeit, sondern auch weil die dritte Gärtner-Generation damit begründet ist. Dieses Glück hätten längst nicht alle Kollegen in Gundelfingen. Bei etwa der Hälfte, schätzt er, ist die Nachfolgefrage ungeklärt.

Und das hat viele Gründe. So ein Gartenbaubetrieb, der ist nun mal eine ganz andere Nummer als ein Bürojob. Die Arbeit beginnt morgens mit dem ersten Sonnenstrahl und endet für Georg Bucher selten vor 21 Uhr. Morgens wird der Eissalat frisch geerntet und zur Gartenbauzentrale gebracht, danach werden Rettiche gezogen. Am Nachmittag erntet man Weißkraut oder kümmert sich um den Blumenkohl oder den Brokkoli. Was groß genug ist, kann geschnitten werden. Bei den anderen Köpfen muss ein Blatt über die sogenannte Blume geknickt werden, damit sie nicht braun oder gelb wird. Alles Handarbeit. Am Abend, wenn die Mitarbeiter schon lange Feierabend haben, schaut Bucher dann noch einmal nach den Aggregaten für die Beregnung, nach dem Zustand der Kulturen, düngt oder kümmert sich um die Maschinen. Sohn Daniel und Tochter Carolin befüllen mit dem, was frisch geerntet wurde, die Kartoffelautomaten am Hof in Gundelfingen, in Höchstädt und neuerdings auch den bei der Baywa in Dillingen.

Man müsse eben mit der Zeit gehen, sagt Georg Bucher. Die Automaten, die seien ein weiteres Standbein. „Und unsere Betriebsphilosophie war schon immer: Entweder gescheit oder gar nicht.“ Gar nicht, das könnte im nächsten Jahr für den Eissalat gelten. Den hat es Georg Bucher beim Hagelschauer über Gundelfingen komplett zerstört. Doch das ist nicht der Grund, warum er nächstes Jahr gar keinen mehr anbauen will. Sondern der Markt. Fünf bis sechs Cent kostet eine Jungpflanze, im Laden gibt es den fertigen Salat für 49 Cent. Mindestlohn für die Saisonkräfte, Transport, Verpackung, Gewinnspanne für den Händler – da bleibt kaum etwas. Und wenn es ganz dumm geht, dann reklamiert der Kunde den Salat, weil er am Strunk schon braun ist. Und schickt ihn wieder zurück. Dann müssen die Buchers ihn auch noch aus der Folie auspacken, bevor sie ihn entsorgen können.

Überhaupt seien die Anforderungen des Marktes heute die größte Herausforderung für die Gärtner, sagt der 48-Jährige. „Der Handel will beliefert werden. Wenn es tagelang geregnet hat, dann fährt ein Landwirt nicht ins Feld, um zu ernten. Aber ich muss liefern. Und wenn ich es mit der Hand raustrage.“ Just in time muss der Betrieb laufen, ähnlich wie in der Autozulieferindustrie. „Nur dass wir ein Produkt haben, das nicht haltbar ist.“ Oft erfährt Bucher erst am Vorabend um 17 Uhr, was morgen geliefert werden muss. „Einen Tag richtig vorplanen, das geht bei uns nicht.“

Und trotzdem kann sich Georg Bucher keinen anderen Beruf für sich vorstellen. Er ist da schon als kleiner Bub hineingewachsen. „Man hat nichts anderes gesehen. Aber wenn du diese Stunden machst, dann musst du das gerne tun und es muss Idealismus dabei sein“, sagt er. Und der 48-Jährige ist immer noch gerne Gärtner. „Das schöne ist zu sehen, wie alles wächst, was man gesetzt hat. Und wenn bei uns in der Früh auf dem Feld die Sonne aufgeht, das ist schöner als in jedem Urlaub.


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